Klassik

Hugo, Victor: Der Glöckner von Notre Dame
„So mied der Zwerg also den Umgang mit den Menschen. Die düsteren Mauern seiner Kirche genügten ihm. Die Marmorbilder darin verspotteten ihn nicht, sie sahen ihn mit sich stets gleichbleibenden, wohlwollenden Augen an. Die Heiligen waren seine Freunde und segneten ihn, und die Statuen mißgestalteter Dämonen glichen ihm zu sehr, um ihn hassen zu können. Stundenlang stand er manchmal vor einer Bildsäule und hielt stumme Zwiegespräche mit ihr. Am meisten aber liebte er seine fünfzehn Glocken. Sie waren seine Kinder, mit denen er sogar redete, deren Stimmen als einziger Laut in sein zerstörtes Gehör drangen. Daher war auch Marie, die große Glocke sein Lieblingskind.“ Kapitel 3; Buchseite 62
Claude Frollo und Pierre Gringoire: „Was Fesselt Euch denn so sehr ans Leben?“ „Ach tausend Dinge!“ „Und was, wenn es gefällig ist?“ „Was? Nun, die Luft, der Himmel, der Morgen, der Abend, die Sonne, der Mond und meine guten Freunde im Königreich Kauderwelsch. Außerdem muss ich noch drei dicke Bände über die Architektur schreiben. Im Moment fällt mir nicht ein, was sonst noch alles ich auf der Welt zu tun habe. -Anaxagoras sagt, daß er auf der Welt sei, um die Sonne zu bewundern. Und schließlich bin ich so glücklich, alle Tage meines Lebens mit einem sehr geistreichen Mann zuzubringen. “ Der Dichter machte eine kleine Pause und endete dann: „Dieses Genie bin ich, und wir unterhalten uns vortrefflich miteinander.“ Kapitel 19; Buchseite 222
Philosophie

Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra - Ein Buch für alle und keinen -
„Ich liebe den, dessen Seele sich verschwende, der nicht Dank haben will und nichts zurückgibt: denn er schenkt immer und will sich nicht bewahren.“
„Allein gehe ich nun meine Jünger! Auch ihr geht nun davon und allein! So will ich es. Wahrlich ich rate euch: geht fort von mir und wehrt euch gegen Zarathustra! Und besser noch: schämt euch seiner! Vielleicht betrog er euch.“…
„…Ihr verehrt mich; aber wie, wenn eure Verehrung eines Tages umfällt? Hütet euch, daß euch nicht eine Bildsäule erschlage! Ihr sagt, ihr glaubt an Zarathustra? Aber was liegt an Zarathustra? Ihr seid meine Gläubigen: aber was liegt an allen Gläubigen! Ihr hattet euch noch nicht gesucht: da fandet ihr mich. So tun alle Gläubigen; darum ist es so wenig mit allem Glauben. Nun heiße ich euch mich verlieren und euch finden; und erst, wenn ihr mich alle verleugnet habt, will ich euch wiederkehren.“
Zarathustra Von der schenkenden Tugend, S. 80 – 81
„Welches war hier auf Erden bisher die Größte Sünde? War es nicht das Wort dessen, der sprach: „Wehe denen, die hier lachen!“ Fand er zum Lachen auf der Erde selber keine Gründe? So suchte er nur schlecht. Ein Kind findet hier noch Gründe. Der – liebte nicht genug: sonst hätte er auch uns geliebt, die Lachenden! Aber er haßte uns höhnte uns; Heulen und Zähneklappern verhieß er uns. Muß man denn gleich fluchen, wo man nicht liebt? Das – dünkt mich ein schlechter Geschmack. Aber so tat er, dieser Unbedingte. Er kam vom Pöbel. Und er selber liebte nur nicht genug: sonst hätte er weniger gezürnt, daß man ihn nicht liebe. Alle große Liebe will nicht Liebe – die will mehr. Geht aus dem Wege allen solchen Unbedingten! Das ist eine arme kranke Art, eine Pöbel-Art: die sehn schlimm diesem Leben zu, sie haben den bösen Blick für diese Erde. Geht aus dem Wege allen solchen Unbedingten! Sie haben schwere Füße und schwüle Herzen – sie wissen nicht zu tanzen. Wie möchte solchen wohl die Erde leicht sein!“
Zarathustra Vom höheren Menschen, S. 296

Sloterdijk, Peter: Zorn und Zeit-
Der Zorn als zentrale Triebkraft von Entwiclung und Veränderung: Im ersten Satz von Homers Ilias ist von ihm die Rede, die Totalitarismen der Neuzeit haben ihn organisiert, mit dem Islamismus kehrt er als ungelenktes Ressentiment zurück. Peter Sloterdijks Bestseller bettet Fragen der Gegenwart in ihre lange Geschichte ein.